Zürich: Abschaffung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit verhindern!
Am 3. März Nein zur Anti-Chaoten-Initiative und zum Gegenvorschlag
Die kantonale Zürcher Volksinitiative zur Durchsetzung von Recht und Ordnung («Anti-Chaoten-Initiative») verlangt, dass Demonstrationen einer strikten Bewilligungspflicht unterworfen werden sollen. Dabei sollen die Kosten für sämtliche Polizeieinsätze bei illegalen Demonstrationen – sprich: unbewilligten Demonstrationen – zwingend den Veranstaltern und Teilnehmern auferlegt werden. Der Gegenvorschlag grenzt die Kostenüberwälzung auf ausserordentliche Polizeieinsätze sowie eine Überbindung an vorsätzlich handelnde Verursacher ein und hält an einer zwingenden Bewilligungspflicht fest.
Sowohl die Initiative wie der Gegenvorschlag stellen einen Frontalangriff auf unsere Grundrechte dar und sind mit einem doppelten NEIN am 3. März 2024 aus folgenden Gründen abzuwehren.
Demonstrationsrecht als Grundpfeiler der Demokratie
Demonstrationen dienen der politischen Meinungsäusserung und sind zentraler Bestandteil jeder Demokratie. Nur sie garantieren einen Ausbruch aus den digitalen Filterblasen und ermöglichen in der realen Öffentlichkeit eine Konfrontation mit Anliegen und Menschen, denen ansonsten nicht mehr begegnet würde. Dabei muss eine demokratische Gesellschaft auch Meinungen aushalten, welche – durch Dritte oder durch die Behörden – als falsch, störend, schockierend oder beunruhigend aufgefasst werden können. Ganz nach Noam Chomsky:
«Wir glauben nicht an die Meinungsfreiheit, wenn wir sie nicht auch den Leuten zugestehen, die wir verachten.»
Wie wichtig das demokratische Instrument der Demonstration war und ist, zeigte sich gerade in der Corona-Krise Ende 2021, als unzertifizierte Menschen mittels 3G/2G aus dem öffentlichen Leben weitgehend ausgeschlossen, ja geradezu beseitigt worden waren – und gleichzeitig jegliche Kritik an den menschenverachtenden Corona-Zwangsmassnahmen in der medialen wie politischen Öffentlichkeit nahezu ausgemerzt worden war. Schon damals haben die Behörden friedliche Demonstrationen der Bürgerrechtler im Keim erstickt und unsere Grundrechte geschändet. Mit den neu vorgeschlagenen Regelungen droht in ähnlichen Situationen ein noch willkürlicheres Vorgehen der Behörden, als dies 2021 der Fall war.
Strikte Bewilligungspflicht: Völkerrechtswidrig
Diverse NGO wie Amnesty International oder Greenpeace halten sowohl die in der Initiative wie im Gegenvorschlag vorgesehene Bewilligungspflicht für rechtswidrig. Tatsächlich ist gemäss UNO-Menschenrechtsausschuss eine strikte Bewilligungspflicht völkerrechtswidrig, denn sie untergräbt die Idee, dass friedliche Demonstrationen ein Grundrecht sind. Auch der EGMR hielt fest, dass eine blosse Verletzung der Bewilligungspflicht nicht genügt, um die Auflösung einer Demonstration zu rechtfertigen. Gemäss Bundesgericht sind selbst nicht angemeldete Spontan-Kundgebungen zuzulassen.
Den Staat trifft also eine umfassende Pflicht, friedliche Demonstrationen zu ermöglichen. Eine strikte Bewilligungspflicht führt demgegenüber zur Kriminalisierung von friedlichen (Spontan-)Demonstrationen, die unter dem umfassenden Schutz der Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit stehen. Das vorgesehene Anliegen steht damit im offenen Konflikt mit Völkerrecht und Bundesverfassung.
Zwingende Kostenüberwälzung: Kaum umsetzbar und verfassungsfeindlich
Eine Kostenüberwälzung nach dem Verursacherprinzip ist bereits heute möglich und wird etwa bei Ausschreitungen rund um Fussballspiele auch effektiv vorgenommen. Der administrative Aufwand einer in jedem Fall zwingenden Kostenüberwälzung dürfte aber in keinem Verhältnis zum Ertrag stehen.
Zudem ermöglicht die in der Initiative vorgesehene Regelung eine Kollektivbestrafung von unschuldigen Personen. Insbesondere kann etwa ein gezieltes Kapern von friedlichen (Spontan-)Demonstrationen durch einen gewaltbereiten linksextremistischen Mob nicht ausgeschlossen werden – und die friedlichen Veranstalter und Teilnehmer hätten dann den Schaden potentiell mitzutragen. Eine solche Kriminalisierung verletzt rechtsstaatliche Prinzipien und führt zu einem Chilling Effekt: Die Bevölkerung verzichtet aus Angst vor drohenden Kosten und Strafen von der Ausübung ihres grundrechtlichen Anspruchs auf Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit. Das schwächt unsere Demokratie und ist zwingend zu verhindern.
Die Anti-Chaoten-Initiative ist ein Angriff auf unsere Grundrechte, der am 3. März 2024 abgewehrt werden muss. Stimmen auch Sie 2 x Nein!
Dr. iur. Markus Zollinger ist als Rechtsanwalt tätig und Vorstandsmitglied der Bürgerrechtsbewegung MASS-VOLL!.
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Wir danken dem Autor für die Veröffentlichung des Artikels. Gastbeiträge müssen nicht zwangsläufig die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.